
An diesem Weekend fand das 1. Fotofestival auf Åland statt und zwar im Alandica Kultur- und Kongresszentrum in Mariehamn, wo auch das Kino ist. Es wurden namhafte Naturfotografen (von denen ich allerdings noch nie gehört habe) eingeladen, Vorträge zu halten.
Wir Mitglieder des „Obscura Fotoklub“ haben Bilder für eine Bildershow zur Verfügung gestellt. Ich hatte schon aus der Schweiz meine Bilder eingesandt – und was für ein tolles Gefühl, ein paar davon in der Bildershow zu entdecken! Zu Beginn der Show wurden alle Namen aufgelistet und meiner stand da auch! Und das grösste: Vor jedem Vortrag, den die Naturfotografen hielten, wurde zuerst „unser“ Bildspiel gezeigt. Meine Bilder auf Kinolein-wandgrösse zu sehen – hach, das war einfach obergenial!
http://www.fotocommunity.de/pc/pc/mypics/742475/display/18850279
Der erste Vortrag fand am Freitagabend von 19-21 Uhr statt. Brutus Östling (ich möchte ja nicht Brutus heissen) zeigte uns seine neuesten und auch ältere Bilder. Er fotografiert hauptsächlich Vögel – Pinguine (was für geniale Bilder er gemacht hat, genau wie Bruno Zehnder), Greifvögel, Kolibris, Möwen….
Und da ich ja auch schon oft Vögel und anderes Getier fotografiert habe, weiss ich, wie schwierig dies ist. Und sass nur da (in einem roten weich gepolstertem Kinosessel) und hab zwei Stunden lang nur gestaunt, was der alles kann. Er hat natürlich eine Ausrüstung (600mm-Objektiv unter anderem) wovon ich nur träumen kann – aber trotzdem. Er hat einfach immer genau DEN richtigen Moment eingefangen. Zu jedem Bild hatte er eine Erzählung parat, wie, wo, wann geschossen und was er alles erlebt hat.
Ich konnte einfach nicht widerstehen und musste uns unbedingt sein neuestes Buch „att överleva dagen“ (den Tag überleben) kaufen. Mit persönlicher Widmung für Anders und mich.
Samstag ging es weiter mit vielen Vorträgen, ich konnte aber aus Zeitgründen nur drei besuchen. Der eine war von Anders Geidemark aus Schweden, der Bilder aus dem „wilden Albanien“ gezeigt hat. Normalerweise hört man ja aus Albanien oder von Albaniern nicht so tolle Sachen, aber die haben also ein schönes Land! Wobei er gesagt hat, dass in Albanien die Männer immer „käfelen“ und die Frauen und Eseln die Arbeit verrichten, was man auch auf den Bildern sehr gut gesehen hat. Der Mann trägt einen Kübel und die Frau eine Tonne Stroh auf dem Rücken. Er hat eindrückliche Natur- und Landschaftsaufnahmen gezeigt.
Einen kürzeren Vortrag über Modefotografie liess ich mir auch nicht entgehen. Es war sehr interessant, hinter die Kulissen eines Modefotografen zu schauen und zu entdecken, was und wie viel Arbeit hinter einem Bild steckt.
Und dann kam (abgesehen vom Vortrag von Brutus Östling) das Beste: Mireille de la Lez (39jährig) präsentierte ihr neues Buch mit einer grossartigen Bildershow. Das Buch heisst „Värld av is – ett hotat arktis“, auf deutsch heisst es „Leben im Eis – Arktis in Gefahr“ (ist z.B. bei Ex Libris erhältlich: http://www.exlibris.ch/?status=detail&p_id=3013329&t_na=sbz).
Ich hab noch nie solche genialen Bilder gesehen. Sie lebt meistens während vier oder 6-10 Monaten in der Arktis. Am Anfang zeigte sie ein Video von der Arktis und da hörte man den Wind pfeifen! Also ich mach ja viel für ein gutes Bild, aber in die Arktis reisen – nein danke!! Dort ist es -40/-45°C und wenn es windet und stürmt sogar -80°C!!! Sie schläft in drei Schlafsäcken und hat zwei Kleidergrössen: Normalerweise Grösse 34 und wenn sie dann ihre sechs Lagen Wolle angezogen hat, Grösse 42! Sie isst irgend so gefrorenes Zeugs (ich hab diese Stelle nicht ganz verstanden) und jagt Seerobben und fischt, um sich zu ernähren.
Ausserdem ist sie immer bewaffnet, wenn sie unterwegs ist und fotografiert. Falls mal ein „isbjörn“ (Eisbär) zu nahe kommen sollte, kann sie so einen Warnschuss abgeben. Einer hat mal ihr Gepäck „beschlagnahmt“ und sie hatte Glück, dass er wieder abzottelte, ohne das Gepäck (Inhalt: 600mm-Objektiv!!) zu zerstören. Sie hatte schon Angst, dass sie Nikon anrufen muss, damit die ein neues Tele in die Arktis liefern.
Für das Buch hat sie sieben Jahre lang (!!!) gearbeitet. Und meistens noch alles analog fotografiert. Einmal hat ein „Fjällräv“ (Polarfuchs - http://de.wikipedia.org/wiki/Polarfuchs) aus ihrer geöffneten Tasche eine Filmrolle geklaut und ist damit abgehauen. Bye bye, Bilder!
Einmal wurde ein Walross obduziert und man fand in seinem Magen über 6000 Muscheln! Ich hab extrem viel über die Tiere in der Arktis gelernt bei diesem Vortrag und war sehr berührt. Sie hat super Bilder gezeigt und eindrücklich erzählt, wie das mit dem Klimawandel vor sich geht (Erwärmung der Arktis, Schmelzen der Gletscher) und am Schluss war es sehr still im Saal. Alle waren echt ergriffen und ich glaube, die meisten wären am liebsten gleich aufgestanden und hätten einen Eisbären geknuddelt und denen Extraeis geschenkt.
Die Frau hat ja echt Geduld – ich wüsste nicht, ob ich soviel Geduld für ein einzelnes Foto aufbringen würde. Ihre Arbeit sieht so aus, dass sie sich quasi an einem Ort platziert und dann wartet, bis etwas passiert. Manchmal wartet sie einen Tag, manchmal eine Woche, manchmal Monate oder sogar ein Jahr. Aber ihre Geduld lohnt sich. Sie hat suuuuuper Bilder gemacht. Aber ich hätte echt Schiss. Ich meine, wenn so ein Eisbär so ca. 100m weit weg ist und dann näher und näher kommt – ich glaub, ich würde so schnell ich könnte, wegrennen. Vielleicht vorher noch einmal auf den Auslöser drücken. Aber Mireille hat gesagt man muss „Stand your ground“ – also seinen Platz nicht aufgeben, sondern dem Eisbär „klarmachen“, dass du bleibst und er gehen muss. Ich würde schlottern vor Angst (und vor Kälte)! Sie hat gesagt, man sage, man dürfe nicht schlecht über die Eisbären denken, denn die könnten quasi deine „schlechten Gedanken“ lesen.
Falls also jemand interessiert ist, das Buch kann ich wärmstens empfehlen! Ich hab es nämlich auch noch gekauft (das war ein teures Weekend – 2 Bücher, Eintritt fürs Festival, Abendessen und Fotoausflug). Aber es ist immerhin billiger, als eine Reise in die Arktis für zwei Personen
Am Samstag Abend gab es im Hotel/Restaurant Arkipelag (liegt im Osthafen) ein feines Nachtessen für uns Fotoclubmitglieder, die das Festival besucht haben. Da waren also wir von Obscura und noch Mitglieder aus sieben anderen Fotoklubs (u.a. auch Schweden und Finnland) anwesen – 95 Personen! Das Essen, irgendso ne Suppe, wo ich nicht mehr weiss, was es war, es aber fein geschmeckt hat, mit Lammtartar, danach Aborréfilets mit Pilzsauce und Härdöpfelstock.
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